Deutschlands erste Taxis mit Gütesiegel
Service-Qualität: Drei
Großhansdorfer Fahrer haben den Test bestanden. Ortskenntnis, Sauberkeit,
Freundlichkeit: Ein Ahrensburger Verein prüft die Chauffeure.
Von Jörg Riefenstahl
Ahrensburg
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Schlechter Service, Fahrer ohne Ortskenntnis, angsteinflößende
Lenkmanöver, ungepflegte Autos: Das Taxi-Gewerbe steht immer wieder in der
Kritik. Um das Taxifahren attraktiver zu machen, gibt es in Stormarn jetzt
Deutschlands ersten "Taxi-TÜV": Nach einer umfassenden
theoretischen und praktischen Prüfung können Taxifahrer ein persönliches
Gütesiegel erwerben, das sie als besonders kompetent und zuverlässig
ausweist. Die Zertifizierung kann allerdings jederzeit entzogen werden,
falls Fahrgäste herausfinden, daß ein geprüfter Fahrer die strengen
Kriterien in der Praxis doch nicht erfüllt.
"Wir sind die ersten in Deutschland, die so etwas anbieten",
sagt Andreas Courmoulis (45), Taxiunternehmer in Ahrensburg und
Vorsitzender des Vereins Dienstleistungstest (DLT), der das Gütesiegel
entwickelt hat und bundesweit etablieren will. "Wir haben schon
reichlich Anfragen", meint der Ahrensburger. Den Verein, der
Dienstleistungen prüft, hat er vor zwei Jahren gegründet.
Klaus Sahlmann, Leiter des Stormarner Straßenverkehrsamts, unterstützt
die Sache. "Wir halten das freiwillige Gütesiegel für eine gute
Möglichkeit, dem Fahrgast zu zeigen, wer ein guter Taxifahrer ist." Er
will die Genehmigung erteilen, daß die Fahrer das Siegel an der Frontscheibe
anbringen dürfen.
Um herauszufinden, wo die Kunden der Schuh besonders drückt, hat DLT 900
Fahrgäste in Stormarn, Hamburg, Lübeck und Kiel befragt. Das Ergebnis waren
670 Beanstandungen. Die Mängelliste wird angeführt von "Fahrer spricht
kein Deutsch", "Angst angesichts der Fahrweise" und
"mangelnde Ortskenntnis". Neben der Gewißheit, das Ziel sicher zu
erreichen, wünschen sich Kunden vor allem mehr Service. Andreas Courmoulis:
"Service ist wichtig. Der Gesetzgeber schreibt zwar nicht vor, daß
Taxifahrer Gepäck einladen müssen, aber unsere zertifizierten Fahrer
leisten jede erdenkliche Hifestellung - beim Einsteigen, Anschnallen und
beim Gepäck.
Die ersten drei Taxifahrer aus Großhansdorf haben die theoretische
Prüfung hinter sich. 80 Fragen in Recht und Fahrphysik, 95 Fragen in Adreß-
und Streckenkunde (kürzester Weg von A nach B) für das Prüfgebiet
Großhansdorf haben sie weitgehend richtig beantwortet und einen Sprachtest
bestanden. Hinzu kam eine Praxisprüfung bei der Ahrensburger Fahrschule
Behrend, dem Kooperationspartner von DLT.
Das Straßenverkehrsamt unterstützt
die neue Initiative.
Neben Fahrweise, Reaktionsvermögen, Verkehrseinschätzung und
Fahrzeugzustand bewerten die Fachleute auch die soziale Kompetenz des
Taxifahrers. "Situationsgerechtes Verhalten wie Hilfsbereitschaft,
Freundlichkeit, Kurztourenakzeptanz, Kommunikationsfähigkeit und
verständliche Ausdrucksweise spielen in der Praxisprüfung eine
entscheidende Rolle, ebenso das Erscheinungsbild des Fahrers", sagt
Mike Herold (51). Der Kaufmann ist zweiter Vorsitzender von DLT.
Vier Wochen lang fahren Stormarns erste Taxifahrer jetzt mit dem Siegel
zur Probe. Während dieser Zeit werden sie von externen Prüfern erneut in
unterschiedlichen Situationen getestet. "Das geschieht verdeckt",
sagt Mike Herold. Wenn alles in Ordnung ist, darf der Fahrer das Siegel
(einmalige Gebühr 290 Euro, dann 100 Euro pro Jahr) behalten.
Um sicherzustellen, daß der Fahrer beherzigt, was er gelernt hat, muß er
Beschwerdekarten bereithalten. Courmoulis: "Unzufriedene Kunden
notieren darauf ihre Bescherde und senden sie uns zu." Bei zwei
Beschwerden für die gleiche Sache gibt es eine Abmahnung - der Fahrer muß
zur Nachschulung. Bei mehr Verstößen wird das Siegel entzogen.
erschienen am 2. November 2005
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